Irlandreise - Unsere Reiseleiterin
Simone
Irlandreise - Unsere Reiseleiterin Simone
Am
frühen Morgen des zweiten Tages erschien dann auch unsere Reiseleiterin am Bus, vielleicht auch vorher schon im Hotel ich weiß es
nicht, ich hatte sie zuvor noch nicht gesehen. Man hatte der Gruppe
zuvor gesagt, dass die Koffer bitte schön pünktlich um
08:45 Uhr am Bus zu stehen haben, weil der Bus dann pünktlich
um 09:00 Uhr abzufahren wünscht, da das Tagesprogramm relativ
eng gesteckt sei. In diesem Wust der Drängler stand sie plötzlich:
eine zierliche Frau Anfang 30.
"Mein Name ist Simone und ich werde Sie während dieser
Rundreise begleiten". So oder wenigstens so ähnlich
stellte sie sich vor und begann dann, einige Rahmenbedingungen
aufzuzählen. Im Vorfeld entschuldigte sie sich für mögliche
Formulierungsfehler in der deutschen Sprache, sie sei zwar eine
Deutsche, würde aber im Rahmen ihrer Tätigkeit auch
viele englischsprachige Gruppen begleiten und dann könnte
es nach 15 Jahren Irland-Aufenthalt schon mal zu Wort- und Sinnverdrehungen
in der einen oder anderen Sprache kommen.
Ihre Stimme klang wie die von Margarete
Schreinemakers, sie
konnte ohne Punkt und Komma reden und in einem Satz mehr Informationen
unterbringen als ich in fünf. Ihre Vorträge und Erklärungen
waren allerdings immerzu durchsetzt von witzigen Umschreibungen
und diese Art des Vortrages brachte eine unglaubliche Frische
in ihren Erzählungen. Simone provozierte mit ihren lebendigen
Vergleichen und Beispielen immer wieder Lachsalven im Bus,
die
die Stimmung der Reiseteilnehmer auf einen Maximum hielt. Christiane
bekam im Bus regelmäßige Lachkrämpfe und selbst
ich als mehr introvertierter Mensch konnte mir ein
Schmunzeln
nicht verkneifen.
Gleich
zu Anfang wies sie auf die enge Bustoilette hin, sie empfahl,
nach Möglichkeit andere Toiletten zu benutzen, die in den
Reiserouten entsprechend zeitgerecht eingeplant seien. Die Toilette
im Bus, so meinte sie, sei nur für wirkliche Notfälle
gedacht und würde nur am Ende der Reise geleert werden können.
Die Begebenheit einer kräftigen Amerikanerin aus einer früheren
Reisegruppe, die sich mit ihrem nackten Hintern auf der relativ
engen Bustoilette eingeklemmt hätte und dann von Helfern
wieder befreit werden musste sorgte dann dafür, dass diese
Toilette während der gesamten Busfahrt von niemandem aufgesucht
wurde.
Ich
meine dass Simone erzählt hat, sie sei als Studentin nach
Irland gekommen, um hier irische Geschichte zu studieren. Nach
dem Studium sei sie dann zum Reiseveranstalter Berge und Meer
gekommen, wohl auch, weil sich ihre Eltern mit dieser Branche
beschäftigt
haben und sie quasi von Kindesbeinen an damit aufgewachsen sei.
Nun
aber trägt sie sich mit dem Gedanken, möglicherweise
noch mal an die Universität zu wechseln um dort zu promovieren.
Leider, so Simone, liegen die Einschreibegebühren pro Semester
bei bis zu 8000 Euro :o( So wird Simone wohl noch so manchem
Touristen erhalten bleiben :o)
Ja, diese Frau hat das Zeug zum Doktor und auch das Zeug zu
einer guten Referentin an einer Universität oder sonstigen
Bildungseinrichtung. Wir, die Reisegruppe aus Deutschland hätten
meiner Meinung nach keine bessere Reiseleiterin bekommen
können. Diese
Frau hatte aufgrund ihres Studiums eine unglaubliche Bandbreite
an Eckdaten parat. Mehr als einen Spickzettel für den berühmten
roten Faden brauchte sie scheinbar nicht. Simone war nicht
Berge
+ Meer, sondern Berge + Meer war Simone. Ich wüsste nicht
einen der 47 Teilnehmer, die auch nur ansatzweise Kritik an
ihren
Vorträgen geübt hätte.
Es
war zu spüren, dass sie nicht nur bemüht war, ihren
Job zu machen, sondern über das übliche Maß hinaus
Qualität auf hohem Niveau zu vermitteln. Immer wieder
ließ
sie passende Zeitungsartikel oder Faltblätter durch die
Busreihen gehen, um damit ihre Vorträge anschaulich zu
untermauern. Tapfer ertrug sie die privaten Unterhaltungen der
sechsköpfige
Reisegruppe aus Darmstadt vorne im Bus, die sich weniger
für ihre Vorträge interessierten. Nach
Ende der Tagesfahrt führte sie interessierte Teilnehmer
in das Racing Stadion von Limerick zum Hunderennen und erklärte,
wie die Renn- und Wettbücher zu lesen sind und wo und
wie man unter Umständen auch Wetten (nur zum kleinen
Preis!) abgeben kann. Für einen weiteren Abend organisierte
sie einen Theaterbesuch
in Tralee, sammelte dazu zuvor das
Geld ein und sorgte
für Sitzplatzkarten der besten Güte.
Simone
hatte ihre Reisegruppe allerdings auch fest im Griff. Nicht
nur,
dass sie durch einen dezenten Hinweis dafür sorgte, dass
die Bustoilette die ganze Woche unbenutzt blieb, sie empfahl
Restaurants
und Einkaufsmeilen die von uns auch in Anspruch genommen wurden,
oder sie riet von Kontakten mit bestimmten Menschen und deren
Sehenswürdigkeiten
ab, mit denen sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen
gemacht hatte. Als Beispiel sei hier
nur
ein irischer Bauer genannt der jungen Lämmern bekannter
Weise Beruhigungsmittel einflöste, damit sie sich von Besuchern
streicheln ließen und sie empfahl, diesen Menschen bitte
zu ignorieren.
Und
letztlich zeigte sie immer eine sehr große Gelassenheit,
wenn sie Zeiten zu überbrücken hatte, in denen die Reiseteilnehmer
auf Besichtigungs- oder Shopping-Tour waren. Man sah sie dann
zumeist dezent im Hintergrund sitzen oder im Bus die Zeitung bzw.
ein Buch lesen. Es war klar, sie hatte diese Tour schon "X"
Mal gefahren und dann wird jede Sehenswürdigkeit einfach
nur noch zur täglichen Routine. Dennoch: sollte Simone ihren
Job aufgeben, Berge + Meer wird dadurch eine sehr gute Reiseleiterin
und Verkäuferin dieser Touren verlieren.
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