Irland Route 2 - Der schwarze Jack
und die kleinen Ärsche
Der schwarze Jack und die kleinen Ärsche
Immer noch regnete es heftig doch viel schlimmer: es stürmte
ganz schön und trieb die dicken Regentropfen über den
Bus und über die Panoramascheiben. Dies erschwerte uns die
Sicht aus dem Bus und für mich auch das Fotografieren der vorbeiziehenden
Landschaften. Irgendwo in der Connemara hielt der Bus für den
ersten Fotostop dieses Tages und wie die Japaner rauschten viele
der Reiseteilnehmer nach draußen, um ihre obligatorischen
Fotos zu machen; ich natürlich auch.
"Alles nur Kommerz, alles nur Kommerz", dachte ich
schon im Bus, als der Bus auf einen für Fototouristen angelegten
Parkplatz hielt und ich dort weggeworfene Kaffeebecher auf den
Boden liegen sah. Hier würden sicherlich wöchentlich
hunderte von Bussen hin fahren, dachte ich so bei mir und dann
wurden die fotografierenden Touristen mehr meine Fotomotive und
weniger die uns noch umgebende Landschaft.
Da
standen sie nun, die so typischen Touristen und knipsten links
und rechts, voraus und zurück eine in einen regnerisch nebligen
und sehr windreichen Tag hinein. Der
Schotterboden triefte vor Feuchtigkeit, der ewige Regen trübte
das Objektiv, auf dem Boden lagen achtlos weggeworfene Kaffeebecher,
die Raucher zogen hastig an ihren angezündeten Zigaretten;
ja mit Urlaub hatte dies wohl weniger zu tun. Alles nur Kommerz!
alles nur Kommerz! Wie die Japaner wird man durch die geplanten
Touren gefahren, Programm ist eben Programm und somit einzuhalten!
Passend zu "meinen Japanern" hatte Simone dann auch
die richtige Geschichte parat: Sie handelte vom "Schwarzen
Jack", einem irischen Busfahrer, der seinen Namen dadurch
erhalten hatte, weil er gerne dunkles Guinness trank, aber grundsätzlich
ohne Bierschaum.
Simone erzählte, sie hätte eines guten Tages gemeinsam
mit dem schwarzen Jack eine Reisegruppe aus Japan zu betreuen
und so klein wie die Japaner auch seien, so groß sind ihre
Koffer. Jack stöhnte regelmäßig bei der Ankündigung,
es sei wieder eine japanische Gruppe zu fahren, denn er hatte
die Koffer in die Staufächer seines Busses zu laden und hob
sich bei den großen Koffern regelmäßig eine Zerrung.
Bei der von Simone angesprochenen Reisegruppe handelte es sich
allesamt um Japaner die so klein waren, dass sie nicht über
die Lehnen der Bus Sitze schauen konnten. Während Jack zähneknirschend
die großen Koffer zu verstauen hatte, stiegen die Japaner
im Entenmarsch in den Bus, doch als Jack durch die Tür lugte,
war der Bus offensichtlich leer. Jack fragte Simone: "Wo
sind denn die kleinen Ärsche", denn der Bus wirkte wie
ausgestorben. Kurz nach dieser Frage sah man, wie der Leiter dieser
Gruppe sich von seinem Sitz erhoben hatte und sagte: "Die
kleinen Ärsche befinden sich alle auf ihren Plätzen,
wir sind abfahrbereit".
So
peinlich diese Begebenheit auch gewesen sein mag, so fröhlich
wurde sie gerne und immer wieder unter den Busfahrern und irischen
Reiseführern erzählt. Der schwarze Jack lebt leider
schon seit Jahren nicht mehr. Doch immer wenn eine japanische
Reisegruppe gesichtet wird kommt die Erinnerung an Jack und es
heißt: "Dort laufen sie, die kleinen Ärsche!"
und ein Schmunzeln in Erinnerung an Jack geht durchs Gemüt.
Simone hatte die Geschichte von Jack gerade zu Ende erzählt
und die letzten aus unserem Bus waren über diese Geschichte
immer noch am Lachen, schon hieß es: Der nächste Fotostop
ist angesagt; dieses Mal sogar mit einem Feenbaum, an dem bunte
Bänder für die Wünsche der Reisenden hingen. Leider
war dieser Baum durch einen Stacheldrahtzaun nicht zugänglich....
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