Irland Route 2 - Gort - Ein Besuch im Pub
Gort - Ein Besuch im Pub
Obwohl
es um Gort herum einige historische Stätten und Sehenswürdigkeiten
gibt (die
Abtei Kilmacduagh Monastery, oder das Turmhaus Thoor Ballylee
von W.
B. Yeats), wären wir sicher niemals in Gort gelandet, wenn
wir nicht im dem privat geführten Hotel "Lady Gregory"
übernachtet hätten. Gort hatte laut Wikipedia im Jahre
2006 gerade einmal 2734 Einwohner und so sah die kleine Ansiedlung
auch aus: Eine lange Durchgangsstraße mit Wohn- und Geschäftshäusern,
die den Bedürfnissen der Gorter genügen. Auf Tourismus
ist diese Ortschaft nicht ausgelegt, es sah wenigstens nicht danach
aus.
Schon bei der Einfahrt in Gort hatte Simone uns vom Bus aus einen
Pub gezeigt in dem es gemütlich sei und es sich lohnen würde,
dort einmal einzukehren. Für unsere Gruppe am Tisch war es
deshalb keine Frage, der heutige Abend sollte für dieser
Pub reserviert werden. Simone hatte auch erzählt, dass dort
eine Live-Band spielt und das machte die Sache für uns dann
auch besonders attraktiv.
Vom Hotel Lady Gregory ins "Zentrum" waren es vielleicht
1500 Meter und rund 15 Geh-Minuten. Die Damen in unserer Gruppe
wollten zunächst wenigstens einmal die Schaufenster der
Läden abgelaufen sein und so blieb uns Männern dann
auch nichts anderes übrig, als einfach mitzuschlendern.
Auf der Suche nach Fotomotiven fiel mir auf, dass in jedem Fahrzeug
hinter der Windschutzscheibe verschiedene Plaketten und Ausweise
angebracht waren. Simone hatte während der Busfahrt erzählt,
jeder Fahrzeugführer hätte gut sichtbar Nachweise wie
Zulassung, TÜV oder was weiß ich anzubringen. An den
Nummernschildern konnte man sogar das Baujahr, die Zulassungsregion
und die Zulassungsnummer erkennen. Interessant ... interessant
... andere Länder, andere Sitten.
Sehr interessant war es auch, sich einmal die Dächer der
Häuser anzuschauen, Gort soll hierfür nur ein Beispiel
sein:
Auf den Dächern vieler Wohnhäuser sieht man unglaublich
wuchtige Schornsteine mit oft unglaublich vielen Zügen.
Simone hatte uns am ersten Tag in Dublin schon diese Schornsteine
gezeigt und auch den Grund hierfür erzählt: Nach dem
der kurze Wirtschaftsboom in den Ende der 1990er Jahre / Anfang
2000er jäh zu Ende gegangen war, wurden die Wohnungen in
den Mehrfamilienhäusern immer kleiner, aber jeder dieser
Wohnungen hatte seinen eigenen Abzug bzw. Schornstein.
Wikipedia schreibt über Gort: "Im Jahr 2008 bestand
etwa ein Drittel der Bevölkerung von Gort aus im Zuge des
irischen Wirtschaftswunders zugewanderten Brasilianern." Ja,
und viele dieser Menschen werden wohl in diesen kleinen Kaninchenställen
wohnen.
Hätte ich nicht meine Kamera mit dem 8-fachen Zoom, dann
wäre mir ganz sicherlich eine Besonderheit dieser Schornsteinzüge
verborgen geblieben: Viele dieser Züge tragen nämlich
oben ganz unterschiedliche Abschlusssteine, und die sind teilweise
recht witzig gemacht. Viele dieser Abschlusssteine sehen aus
als seien sie aus glasiertem Ton und tragen von oben auch einen
verschlossenen Abschlussdeckel. Dies sei notwendig, so Simone
schon in Dublin, damit die überall präsenten Krähen
nicht in den Schornsteinen nisten. Eine Begebenheit, die ich
aus den Anfang der 1960er Jahre aus unserem Haus in Ostfriesland
auch kenne.
Nun aber zu unserem Pub, schließlich waren die Männer
durstig und weniger an Schaufensterauslagen oder Schornsteinzügen
interessiert:
Vom
Pub selber habe ich leider nur wenige Bilder, leider keines von
der Fassade und leider auch keines von der Theke. Allerdings braucht
man nicht viel Fantasie. Wenn man einen Pub kennt, dann kennt
man viele, denn viele sehen ähnlich aus. Auf der Suche im
Internet nach einem Alternativ-Bild von der Theke habe ich eines
gefunden, das hätte auch in diesem Pub aufgenommen sein können:
Eine
genau so kleine Theke in einem relativ dunklen Raum mit relativ
dunklem Holz. Der Wirt, genau so jung wie auf diesem Bild und
auch die drei Mädchen vor der Theke. Auch in unserem Pub
saßen drei junge Mädchen, wenn eine auch vielleicht
etwas fülliger war und zwei davon immer mal wieder nach draußen
gingen, um eine Zigarette zu rauchen.
Der
Pub wie gesagt, war nicht groß. Links die kleine Theke,
rechts zwei Tische mit einer langen "Eckbank" und davor
einige Stühle. Der Raum war relativ dunkel, die Wände
voll mit Dekorationsgegenständen aus zumeist vergangenen
Zeiten. Rechts geradezu ging es zu den Toiletten, dies war dadurch
gekennzeichnet, dass ein "Pisspot" oberhalb des Türrahmens
angebracht war.
Der
junge Wirt war außerordentlich freundlich, hatte er doch
sieben durstige Gäste aus Germany, die ganz sicher Umsatz
versprachen. Deutsch konnte er natürlich nicht, aber das
war auch nicht notwendig, wir konnten ja "Guinness"
und "Water" sagen und dabei gestikulieren, dass wir
große Gläser bzw. eine Flasche (Wasser) wünschten.
Als er sah, dass ich von der Truppe Fotos machte bot er sich an,
uns mit meiner Kamera zu fotografieren, damit auch ich mit aufs
Foto komme, und so kommt diese mehr "seltene" Dokumentation
zustande.
Unser Pechvogel Hartwig, der im Hotel wegen einerÜberschwemmung
im Bad und im Zimmer vor wenigen Stunden erst ein neues Zimmer
bezogen hatte, verzog sich dann als erster Richtung Herrentoilette
und kam kurze Zeit später relativ schockiert zurück:
Kakerlaken!
Er hatte in der Toilette eine Kakerlake gesehen, die sich noch
nicht einmal großartig Mühe gegeben hatte, ihm bei
seinem Erscheinen aus dem Wege zu gehen. Nein! Obwohl Hartwig
nach seinem Aussehen und auch als ehemaliger Seemann ein herb
derber Typ zu sein schien, war die Kakerlake dann doch zu viel;
ein zweites Guinness wollte er in diesem Etablissement nicht trinken,
er wollte wieder ins Hotel zurück.
Schade, ich, und ich glaube auch einige der anderen wären
gerne noch etwas länger geblieben, zumal der Wirt signalisiert
hatte, dass ab 22:00 Uhr Live-Musik gespielt werden würde.
Auch Simone hatte erzählt, dass das Leben im Pub erst ab
22:00 Uhr richtig beginnt, wenigstens in diesem Pub mit der dann
beginnenden Live-Musik.
Aber na gut, man kann nicht alles im Leben haben. Die Kakerlake
wollte ich mir aber nicht entgehen lassen und deshalb huschte
auch in mal kurz auf die Toilette. Scheinbar hatte die Kakerlake
aber keine Lust, sich von mir ablichten zu lassen und somit musste
ich leider auf ein Beweisfoto verzichten :o(
Der Wirt hat ganz sicher nicht gewusst, warum wir nach nur einem
Guinness schon wieder aufbrechen wollten. Beim Bezahlen an der
Theke wiederholte er noch einmal, dass es ab 22:00 Uhr Live-Musik
geben würde. Ja, ich wusste dass wir nicht wieder kommen
würden und irgendwie tat er mir leid, schließlich
hatte er mit seinen netten Gesten versucht, uns bei Laune zu
halten. 7,20 Euro ... oder so wollte er von mir haben. Ich gab
ihm einen 10-Euro Schein und gestikulierte, dass er den Rest
behalten könne und diese Geste war für ihn dann doch
eine Überraschung. "Oh, thank you, Thank you" meinte
er und gab mir persönlich noch die Hand.
Im
Hotel ging dann die Post so richtig ab, schließlich waren
wir durstig ins Zentrum gelatscht und hatten uns ebenso durstig
wieder zurückgequält (ich spreche jetzt gefühlt
von den Männern). Im Pub des Hotels war nämlich ebenfalls
Live-Musik angesagt. Hier war es zwar nicht so urig gemütlich
wie in dem Kakerlaken-Haus, doch Guinness ist Guinness und Christiane
trank nun auch anstatt Wasser einen Whiskey.
Die Damen hatten sich zunächst aber kurz verabschiedet
und Christiane und Gerlind kamen dann mit einer witzigen Begebenheit
zurück: Da waren sie oben im Flur der Gästezimmer von
einer Dame angesprochen worden die fragte ob sie Englisch könnten.
Sie meinte nämlich, man hätte ihr heute Abend ein Zimmer
zugewiesen, dessen Böden im Bad und im Zimmer nass seien
und sie wüsste nicht, wie man das jetzt an der Rezeption
auf Deutsch erklären sollte. Christiane und Gerlind grienten
still in sich hinein und erklärten der Unglücklichen,
dass man sie auch in Deutsch verstehen würde, sie solle
sich diesbezüglich keine Sorgen machen.
Entsprechend laut und ausschweifend, aber in einem sehr lustigen
Ton waren die Lästereien übers Hotel. Das von Hartwig
und Cornelia geräumte Zimmer am gleichen Tag erneut zu vermieten
ohne die Mängel abgestellt zu haben, >>>DASS<<< muss
man erst einmal können, Respekt!
Meine Story vom Morgen mit der vergessenen Kamera war natürlich
auch noch einmal Thema bei uns am Tisch und plötzlich zückten
alle ihre Kameras und legten sie auf den Tisch. Nach meiner Empfindung
war es, wie am Frühstücks- und Abendbrottisch in unserer
Runde wieder einmal am lustigsten. Ein Guinness gab das andere
und nur die Bilder verrieten im Nachhinein, dass diese nicht
an mir spurlos vorbeigegangen waren.
Die Live-Musiker bestanden aus zwei Personen, die selbstverständlich
irische Folklorestücke zum Besten gaben. Klang alles nicht
schlecht und einige der Gäste tanzten auch immer mal wieder
nach dieser Musik. Sowohl
vom Aussehen her als auch von den Stimmen hätte ich schwören
können, es seien zwei
Musiker (männlich) gewesen, die auf der Bühne ihre
Musik dargeboten haben. Die Bilder verraten aber, dass es wohl
ein Mann und eine Frau waren, die dort gesungen und gespielt
haben.
Unsere
fröhliche Lästerrunde beobachtete dann immer mal wieder
einen Mann der sich in Schale geworfen hatte und am Rande der
Tanzfläche der Musik lauschte. Obwohl er eigentlich nicht
schlecht aussah und als Einzeltänzer auch zeigte, dass er
durchaus gut und locker nach dieser Musik tanzen wollte und auch
konnte, blieb er alleine.
Die Schmerzgrenze der Iren scheint sowieso sehr hoch zu liegen:
In diesem Hotel, in dem ganz sicher auch viele und große
Feste gefeiert werden und entsprechend viele Gäste auch immer
wieder aufs Klo müssen, dort befindet sich noch ein Pissoire
aus dem 19. Jahrhundert. Als Christiane dieses Foto sah konnte
sie nicht glauben, dass die Männer in diesem Hotel noch an
die Wand zu pinkeln haben. Irgendwie nicht mehr zeitgemäß.
Entsprechend pissig und matschig trat es sich dann auch auf den
Fliesen der Herrentoilette und natürlich auch hinein ins Hotel.
Prost und Guten Appetit.
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